Oberflächennahe Geothermie

Erdwärme zum Heizen und Kühlen

Geothermische Energie ist die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Erdoberfläche. Bis in eine Tiefe von ca. 20 m wird der Wärmehaushalt im Jahresverlauf noch maßgeblich von der Sonneneinstrahlung beeinflusst, während darunter mit einer Tiefenzunahme von etwa 100 m die Temperatur um ca. 3°C steigt. Obwohl das Temperaturniveau in den bodennahen Bereichen der Erdkruste mit etwa 10-12°C relativ gering erscheint, kann diese konstant zur Verfügung stehende Energie heute kostengünstig und effizient genutzt werden. Hierzu werden Wärmepumpen eingesetzt. Mit ihnen ist es möglich, die auf einem niedrigen Temperaturniveau gewonnene Wärme auf ein für Heizzwecke nutzbares Niveau anzuheben.

Die Nutzung der Erdwärme für die Beheizung oder Kühlung von Gebäuden ist heute keine Vision mehr, sondern die Anwendung von vorhandener moderner Technik und weiterentwickelten „Know How“. Oberflächennahe Geothermie kann in Deutschland vielerorts zum Einsatz kommen. Bei unseren europäischen Nachbarn, wie in z.B. Schweden oder in der Schweiz, ist die Nutzung der oberflächennahen Geothermie seit vielen Jahren üblich. Hier werden bereits etwa ein Großteil der Neubauten auf dem Ein- und Mehrfamilienhaussektor dezentral mit Erdwärme versorgt.

Das wichtigste Kriterium bei der Planung und Errichtung einer Erdwärmenutzungsanlage, z.B. für den privaten Hausbau, für Gewerbebauten sowie für Büro- oder Kommunalbauten, ist die Qualität sämtlicher Planungs- und Herstellungsprozesse. Insbesondere bei der korrekten Dimensionierung und bei dem Bau der „kalten“ Seite der Anlage (d.h. im Bereich der Wärmequelle und der erdberührten Bauteile wie Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren oder Grundwassersystemen) müssen hohe Qualitätsstandards angesetzt werden, damit die Anlage über Jahrzehnte mit entsprechender Effizienz betrieben werden kann. Dies setzt zudem möglichst genaue Kenntnisse über den geologischen Aufbau des Untergrundes voraus.

Geothermie - die regenerative Energiequelle

Die Geothermie zählt zu den regenerativen Energiequellen, da die aus dem Untergrund entnommene Wärmeenergie, zumindest in menschlichen Zeiträumen gemessen, fortwährend selbstständig ersetzt wird. Die Vorteile der Nutzung des geothermischen Wärmepotentials liegen zunächst in der Tatsache, dass bezüglich des Primärenergiebedarfs erhebliche realisierbare Einsparungen gegenüber der Nutzung fossiler Energieträger wie Erdgas oder Erdöl erzielt werden. Dies bedeutet einen direkten finanziellen Gewinn. Des Weiteren führt die Anwendung der Erdwärme als regenerative Energiequelle zur Verminderung der CO2-Emmisionen.

Gegenüber anderen regenerativen Energiequellen wie Solarkollektoren, Wasser- oder Windkraftanlagen, Luftgekoppelte Wärmepumpen u.Ä. sowie gegenüber herkömmlichen Energieträgern (Öl, Gas) bietet die Erdwärmenutzung erhebliche Vorteile und Potentiale:

  • Es steht eine nahezu konstante Energiequelle zur Verfügung, die unabhängig ist von Jahreszeit, Tageszeit, Wetter und Witterung.
  • Neben der Wärmeleistung kann ggf. sehr einfach auch eine Kühlung für den Sommer realisiert werden (z.B. Direktkühlung nur mit Umwälzpumpe).
  • Äußerst geringe Wartungskosten und Langlebigkeit der Anlagenkomponenten sowie geringer Platzbedarf durch kompakte Bauweisen.
  • Keine laufenden Kosten für Schornsteinfeger und Emissionsmessungen.
  • Beim Gebäudeneubau entfallen die Kosten für Gas- oder Fernwärmeanschluss und für den Kamin
  • Schnelle Amortisierung der Anlage durch sehr geringe Betriebskosten.

Insbesondere wenn man eine kombinierte Heiz-/ Kühlanlage betreibt, kommt es im Sommer zu einer schnelleren Regenerierung des Wärmepotentials, da im Sommer dem Untergrund wieder aktiv Wärme zugeführt wird. Die Effiziens der Erdwärmeanlage steigt hierdurch erheblich

Nutzung der Geothermie mit verschiedenen Verfahren

Es stehen verschiedene technische Möglichkeiten oberflächennahe geothermische Energie zu nutzen - sowohl für den Heizfall als auch für den Kühlfall - zur Verfügung. Die wichtigsten seien nachfolgend kurz erläutert:

Erdwärmesonden (vertikale Erdwärmeübertrager)

Bei diesem Verfahren werden Bohrungen abgeteuft. In das Bohrloch wird eine U-Rohr- oder Doppel-U-Rohrsonde aus Kunststoff eingebracht. Danach wird das Bohrloch mit einer wasserdichten und gut wärmeleitfähigen Suspension verpresst und somit eine dauerhafte Verbindung der Erdwärmesonde (EWS) mit dem Gebirge (Gesteinsverband) geschaffen. Die Erdwärmesonden werden mit der Wärmepumpe verbunden. Über einen geschlossenen Kreislauf wird eine Wärmeträgerflüssigkeit umgewälzt. Dies ist das in Deutschland meist angewendete Verfahren. Vorteilhaft wirkt sich insbesondere der geringe Platzbedarf für die Sonden gegenüber anderen Verfahren aus.

Erdwärmekollektoren (horizontale Erdwärmeübertrager)

Hierbei werden Kunststoffrohre in einer Tiefe von 1,2-1,5 m unter Geländeoberkante verlegt und zu einem Kreislauf zusammengeschlossen. Es wird eine Wärmeträgerflüssigkeit umgewälzt, die die Erdwärme der Wärme-pumpe zuführt. Aufgrund des relativ großen Platzbedarfs (es kann keine Überbauung erfolgen) und des jahreszeitlich schwankenden Energiedargebotes (es liegt eine deutliche Beeinflussung durch die Sonneneinstrahlung vor) wird dieses Verfahren heute in Deutschland nicht mehr häufig angewendet.

Dublettenanlagen (Grundwasserbrunnen)

Hierbei wird ein Entnahme- sowie ein Infiltrationsbrunnen erstellt. Das Grundwasser wird mit einem hohen Temperaturniveau von ca. 8-12°C direkt zur Wärmepumpe gebracht, dort abgekühlt und wieder in den Untergrund reinfiltriert. Die Wärmeenergie steht ganzjährig konstant zur Verfügung. Als Nachteile wirken sich erhöhte Wartungsarbeiten an Pumpen und Brunnen aus. Das Verfahren ist nur in hydrogeologisch günstigen Gebieten anwendbar und der Wasserchemismus spielt insbesondere für das Zurückleiten des Grundwassers in den Untergrund eine entscheidende Rolle. Die Anlagen haben bei ordnungsgemäßer Planung und Ausführung verhältnismäßig hohe Leistungszahlen und arbeiten somit höchst effizient. Jedoch muss in jedem Fall eine hydrogeologische Vorerkundung sowie eine projektspezifische chemische Analytik durchgeführt werden. Zur hydrogeologischen Vorerkundung gehören hydraulische Untersuchungen wie Pumpversuche und rechnerische Auswertungen zur Ausbreitung der Kältefahne. Ebenso muss gewährleistet sein, dass das Grundwasserdargebot auch langfristig zur Verfügung steht, denn der Nutzer hat zwar aus wasserrechtlicher Sicht ein Recht auf die Grundwassernutzung aber keinen Anspruch darauf.

Geothermie für Ein- und Zweifamilienhäuser

Insbesondere für die Heizung und/oder die Warmwasserversorgung von Ein-/ und Zweifamilienhäuser eignet sich die Nutzung der regenerativen "Oberflächennahen Geothermie". Beim Gebäudeneubau sind höhere Investitionskosten gegenüber der herkömmlichen Heizanlage einzuplanen. Durch die geringen Betriebskosten amortisieren sich die erdgekoppelten Wärmepumpenanlagen jedoch in kurzer Zeit.

Das größte Risiko bei der Nutzung der Erdwärme stellt der Untergrund als Wärmequelle dar, der bezüglich seiner Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den möglichen Wärmeentzug für Laien und nicht ausreichend themenbezogen geschulte Personen nicht oder nur sehr schwer einzuschätzen ist. Hierbei kommt es auch heute noch vor, dass Bohrunternehmen oder Heizungsbauer die erdberührten Bestandteile der Erdwärmeanlage (Erdwärmesonden) selbst unter Zuhilfenahme von sogenannten „Entzugsleistungen“ dimensionieren. Hierbei kommen oftmals Faustformeln zum Ansatz wie z.B. 50 W/Sondenmeter Entzugsleistung oder 15,5 Sondenmeter/1kW Heizleistung. 

Die Erfahrung zeigt, dass gesteinsspezifische Entzugsleistungen nicht existieren und die Anwendung entsprechender Tabellenwerte deutliche Risiken birgt. Dies liegt insbesondere daran, dass die tatsächliche Entzugsleistung einer Erdwärmesonde von enorm vielen Parametern abhängt, die sich zudem untereinander beeinflussen. Hierzu gehören z.B.:

  • Wärmeleitfähigkeit der einzelnen Bodenschichten/ Gesteinsschichten
  • Wärmekapazität der einzelnen Bodenschichten/ Gesteinsschichten
  • Lokaler Wärmefluss und Untergrundtemperaturen
  • Grundwassereinfluss
  • Vorlauftemperaturen der Heizung
  • Event. Brauchwassererwärmung
  • Wärmepumpendaten
  • Wärmeträgerflüssigkeit (Sole)
  • Art der Bohrung und Verpressung
  • Eingesetzte Materialien wie Stoffparameter der Verpressung und der EWS

Ändert sich nur einer der o.g. Parameter so ändert sich auch die Entzugsleistung der Erdwärmesonde (und dies z.T. erheblich). Bei der Auslegung von Erdwärmesondenanlage mit den o.g. Faustformeln wird zudem nicht berücksichtigt, dass der Untergrund bei Wärmeentzug stark auskühlt. Dieser Vorgang hält über mehrere Jahre bis Jahrzehnte an, bis sich ein quasistationärer Zustand einstellt. So liegen im ersten und zweiten Betriebsjahr der Anlage meist relativ hohe Soletemperaturen vor, die auch zu guten Leistungszahlen der Wärmepumpe führen können. Dies ändert sich jedoch häufig nach dem 2. Betriebsjahr. Nach oftmals 4-5 Betriebsjahren liegen so niedrige Untergrundtemperaturen vor, dass die Wärmepumpe nicht mehr effizient läuft und der Strombedarf enorm ansteigt. Eine Regresswelle, ausgelöst durch unzufriedene Kunden, wird in den nächsten Jahren auf viele Haustechniker und Bohrunternehmer zurollen, die die Dimensionierung der Erdwärmesonden vernachlässigt haben und den Kunden nicht ausreichend informiert haben. 

Ein Haustechniker oder Bohrunternehmer kann, bedingt durch seine spezifische Ausbildung, insbesondere die geologischen/geothermischen Parameter nicht ausreichend genau bewerten und einschätzen. Hingegen kann er sehr gut die oberirdischen Bestandteile einer Erdwärmeheizanlage konzipieren bzw. die Bohrarbeiten kompetent planen und ausführen. Aus diesem Grund ist bei Erdwärmeprojekten eine interdiziplinäre Zusammenarbeit zwischen Haustechniker (Heizungsbauer), geologisch ausgerichtetem Ingenieurbüro sowie dem Bohrunternehmen zwingend erforderlich.  

Unser ingenieurgeologisch ausgerichtetes Personal kann mit KnowHow, dem Einsatz von moderner Berechnungssoftware sowie einer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Behörden dieses Risiko entscheidend herabsetzen. Hierbei berücksichtigen wir selbstverständlich die aktuell gültigen technischen Regeln und Normen (z.B. VDI-Richtlinie 4640) sowie gesetzlichen Anforderungen (Wasserrecht, Bergrecht etc.). Mit Hilfe von umfangreichem Archivmaterial (z.B. über 11.000 archivierten Bohrprofilen, Kartenwerken) sowie unserer fachspezifischen Simulationssoftware berechnen wir die Temperaturentwicklung im Untergrund für einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren im Voraus, so dass die optimalen Sondenlängen und Sondenkonfigurationen für einen langfristig effizienten Betrieb ermittelt werden können. Auf diese Weise können Sie Kosten sparen, indem sie eine kostenintensive Überdimensionierung (durch zu viele Sondenmeter) bzw. risikoreiche Unterdimensionierung (durch zu geringe Sondenlängen), die auch zu einem uneffizienten Betrieb der Anlage führen würde, vermeiden.

Eine ordnungsgemäße Planung und Auslegung der Anlage ist für eine effektive Anwendung und damit für eine schnelle Amortisierung die zwingende Voraussetzung. Nicht zuletzt weil der Untergrund, der über Jahrzehnte als Wärmequelle genutzt werden soll, das größte Planungsrisiko darstellt, und für den Laien schwer einzuschätzen ist, sollte der Bauherr immer die Unterstützung eines geologisch ausgerichteten Planungs- oder Ingenieurbüros in Anspruch nehmen. Der Fachingenieur kann den Bauherrn auch bei der Erlangung von behördlichen Genehmigungen (z.B. durch Wasserbehörden und Bergaufsichtsbehörden) unterstützen.